The following article is translated into Deutsch from the English original, written by Gary Chartier.
Linkslibertarismus ist im wesentlichen Sinne eine Position, die zugleich links als auch libertär ist. Sie zeichnet sich durch linke Bekenntnisse aus:
- Beschäftigung mit Klassenanalyse und Klassenkampf,
- Opposition zu korporatistischen Privilegien,
- Minimierung von struktureller Armut,
- Begrüßung geteilter Verantwortung, um ökonomische Verwundbarkeit zu bekämpfen,
- Bekräftigung einer Wohlstandsumlagerung,
- Unterstützung von Graswurzelbewegungen,
- Humanisierung des Arbeitslebens,
- Schutz von Bürgerrechten,
- Opposition zum Krieg gegen Drogen,
- Unterstützung der Rechte von Sexarbeitern,
- Bekämpfung von Polizeigewalt,
- Förderung des Umweltschutzes und der Tierwohlfahrt,
- Förderung der Kinderbefreiung,
- Ablehnung von Rassismus, Sexismus, Heterosexismus, Nativismus und nationalem Chauvinismus und
- Widerstand gegen Krieg, Imperialismus und Kolonialismus.
Gleichzeitig zeichnet sie sich auch durch libertäre Bekenntnisse aus:
- Bekräftigung stabilen Schutzes gerechter Eigentumsansprüche,
- Begrüßung befreiter Märkte und eines sozialen Ideals einer friedlichen, freiwilligen Kooperation und
- Fertigung einer gründlichen antietatistischen Politik.
Eine linke Position
Eine linke Position ist gekennzeichnet durch, behaupte ich, Bedenken bzgl. Unterordnung, Ausschluss, Mangel und Krieg. Linkslibertäre nehmen diese linken Interessen von ganzem Herzen gerne an. Doch Linkslibertäre unterscheiden sich womöglich von anderen Linken insofern, dass sie:
- den unabhängigen Wert eines stabilen Schutzes gerechter Eigentumsansprüche bekräftigen – als einen, neben anderen Dingen, Ausdruck von und einem Mittel zur Implementierung der linken Opposition gegen Unterordnung und der linken Unterstützung eines weit geteilten Wohlstandes, aber ebenso als Einschränkung der Mittel, die gewöhnlich zur weiteren Verfolgung einiger linker Ziele genutzt werden,
- unterschiedliche Voraussagen über die Etablierung eines wirklich befreiten Marktes machen (in Ablehnung der Ansicht, dass solch ein Markt ein korporatistischer Spielplatz wäre),
- andere Erklärungen der Ursachen und Beständigkeit unerwünschter sozialer Phänomene anbieten (so dass beispielsweise staatlich gesicherte Privilegien für Eliten) statt Marktdynamiken die anhaltende Armut und Arbeitsplatzunterordnung bedingen) und
- andere Gegenmittel für diese Phänomene anmahnen (typischerweise eine Kombination aus dem Beseitigen staatlich verursachter und staatlich tolerierter Ungerechtigkeit und Förderung freiwilliger, solidarischer Maßnahmen).
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken das Bewusstsein, dass es vorhersagbare Gewinner und Verlierer in der Gesellschaft gibt und dass es nicht in erster Linie etwas mit Glück oder Können zu tun hat, in welchem Lager man landet. Doch Linkslibertäre betonen, dass dies nicht eine Konsequenz des Markttausches ist, sondern: Es handelt sich um ein Spiegelbild von staatlich begangener, staatlich gedrohter und staatlich tolerierter Aggression. So lange wie ein Staatsapparat etabliert ist können die Wohlhabenden diesen einnehmen, um ihn dafür zu nutzen, Macht und mehr Wohlstand zu gewinnen, während die politisch Mächtigen ihn nutzen können, um Wohlstand und mehr Macht zu erringen. Die herrschende Klasse – bestehend aus wohlhabenden Personen, ermächtigt durch den Staat, und hochrangigen Staatsfunktionären – ist definiert durch ihre Beziehung zum Staat, ihrem entscheidenden Ermächtiger. Sich dieser Klasse entgegenzusetzen bedeutet somit, sich dem Staat entgegenzusetzen.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken die Erkenntnis, dass Big Business wesentliche Privilegien genießt, die dieses begünstigen, während sie der Öffentlichkeit schaden. Sie betonen jedoch, dass die angemessene Antwort zu korporatistischen Privilegien die Eliminierung von Subventionen, Bailouts, kartellisierenden Regulierungen und anderen staatlich bedingten rechtlichen Gegebenheiten sind, statt die Privilegien zu bewahren, während staatliche regulierende Eingriffe in die Wirtschaft erhöht werden – was erwarten lässt, dass dadurch neue Möglichkeiten für Manipulationen durch die Elite entstehen, korporatistische Macht intakt bleibt, emporkommende Alternativen zu den korporatistischen Giganten erstickt werden und die Öffentlichkeit verarmt.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken sowohl die Entrüstung über strukturelle Armut sowie die Erkenntnis, dass die Wohlhabenden und gut Vernetzten dabei helfen, die Regeln des ökonomischen und politischen Spiels derart auszugestalten, dass ihr Wohlstand und Einfluss erhalten bleiben, während andere arm gemacht werden oder dies bleiben. Doch Linkslibertäre betonen, dass Armut nicht durch befreite Märkte erschaffen oder aufrecht erhalten wird, sondern durch groß angelegten Raub und durch Privilegien und Einschränkungen – von Genehmigungspflichten für geistiges Eigentum zu Landnutzungskontrollen und Bauvorschriften – die Menschen davon abhalten, ihre Fähigkeiten und ihren Besitz effektiv zu nutzen oder die Kosten dafür dramatisch erhöhen. Strukturelle Armut zu eliminieren bedeutet staatlich gesicherte Privilegien zu eliminieren und staatlich sanktionierten Raub rückgängig zu machen.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken sowohl die teilnahmsvolle Sorge über ökonomische Verwundbarkeit als auch die Erkenntnis, dass verwundbare Menschen nicht sich selbst überlassen werden können, dass geteilte Verantwortung, um deren Bedürfnisse zu erfüllen, moralisch und praktisch unerlässlich ist. Doch sie betonen, dass Einrichtungen zur gegenseitigen Hilfe ökonomische Verwundbarkeit erfolgreich bewältigen konnten. Sie unterstellen ebenso, dass solche Einrichtungen erwartungsgemäß erfolgreicher wären in Abwesenheit von Besteuerung (Menschen können und werden ihr eigenes Geld zur Armenhilfe spenden, doch sie werden dies wahrscheinlich wesentlich effizienter und intelligenter tun als Staatsbeamte Steuereinnahmen dafür einsetzen würden), armutsproduzierenden staatlichen Regulierungen und der Einschränkung der Wahlmöglichkeiten in Bereichen wie der Gesundheitsversorgung.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken die Überzeugung, dass die Umlagerung des Wohlstandes angebracht oder sogar erforderlich sein kann. Doch sie bestreiten, dass Umlagerung vernünftigerweise so gestaltet werden könnte, dass ein bestimmtes Muster an Wohlstandsverteilung herbeigeführt wird, dass sie durch aggressive Eingriffe in gerecht angeeigneten Besitz erfolgen könnte oder dass es angemessenerweise die Arbeit des Staates sei. Stattdessen sollte die Umlagerung durch die Rechtsordnung (da diese den Menschen Ressourcen, die ungerechterweise von ihnen oder ihren Vorfahren genommen wurden, mit Zins wiederbringt, da sie durch den Staat gestohlenen oder durch dessen Spießgesellen ungerecht angeeigneten Besitz wieder zur Besiedlung verfügbar macht und da sie die Gültigkeit staatlich geschützter Privilegien aberkennt, die die ökonomische Position der gut Vernetzten bewahrt, während sie andere arm hält), durch solidarische gegenseitige Hilfe und durch die Tendenz, dass ein von Privilegien befreiter Markt „die Reichen frisst“, erfolgen.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken – etwa der Neuen Linken und Grünen – die Überzeugung, dass Entscheidungsfindung dezentralisiert werden sollte, dass Menschen ermöglicht wird, sich zu einem maximal möglichen Grad in der Gestaltung von Entscheidungen, die ihr Leben beeinflussen, beteiligen zu können. Doch sie behaupten, dass dies bedeutet, vor einem Hintergrund sicherer, vorpolitischer Rechte, dass alle Vereinigungen auf gegenseitiger Übereinstimmung beruhen sollten. Hierarchische, gewaltsame Entscheidungsfindung wird wahrscheinlich geschädigt durch die Fehlbarkeit der Entscheidungsträger und deren Tendenz, eigeninteressegeleitete Ziele auf Kosten der Öffentlichkeit zu verfolgen. Kleine politische Einheiten sind menschlicher als große, doch Dezentralisierung muss letztlich eine Dezentralisierung bis zum Level der einzelnen Person sein.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken die Erkenntnis, dass hierarchische Arbeitsplätze entmachten und lähmen und dass die Unterstützung von Arbeitsplatzhierarchien somit oft moralisch verwerflich ist. Doch sie betonen, dass hierarchische Arbeitsplätze wahrscheinlicher durch Staatstätigkeit bestimmt sind. Hierarchien beschränken die Möglichkeiten der Arbeiter, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten zu nutzen, um flexibel und effizient auf Produktions- und Verteilungsherausforderungen zu reagieren und Kundenwünsche zu befriedigen. Die Ineffizienz von Hierarchien würde diese zu weniger gewöhnlichen Aspekten des Arbeitslebens machen und die Gelegenheiten vermehren, dass Menschen dazu in der Lage wären Alternativen zu wählen, die mehr Freiheit und Würde bieten (Selbstständigkeit oder Arbeit in Partnerschaften oder Kooperationen), in Abwesenheit der Privilegien, die die Kosten der Etablierung von Hierarchien senken und die Kosten für den Ausstieg aus ihnen erhöhen (indem Selbstständigkeit kostenaufwendiger und somit riskanter gemacht wird). Staatstätigkeit lenkt zudem Wohlstand zu denen um, die daran interessiert sind, dass sie und Menschen wie sie am Arbeitsplatz herrschen, und die staatlichen Gewerkschaftsregulierungen schränken die Möglichkeiten von Gewerkschaften ein, Arbeitsplatzhierarchien anzufechten.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken ein Bekenntnis zu Bürgerrechten. Doch sie betonen, dass der Staat ein vorhersehbarer Feind dieser Freiheiten ist und dass der beste Weg, diese zu sichern, im Schutz der Kontrolle der Menschen über ihre eigenen Körper und ihrer gerecht angeeigneten Besitztümer liegt.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken die Überzeugung, dass der Krieg gegen Drogen destruktiv, rassistisch und irrwitzig teuer ist. Doch sie betonen, dass der beste Schutz gegen prohibitionistische Kampagnen aller Art der Respekt für die Kontrolle der Menschen über ihre eigenen Körper und ihrer gerecht angeeigneten Besitztümer ist und dass aggressionsbasierte Einschränkungen aller unerwünschten aber freiwilligen Austausche verboten sein sollte.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken die Sorge über das Wohlergehen von Sexarbeitern. Doch sie betonen, dass staatliche Akteure sich an der Gewalt gegen Sexarbeiter beteiligen und dass staatliche Politik, inklusive Kriminalisierung und Regulierung, die Risiken, die mit Sexarbeit verbunden sind, schafft oder erhöht.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken eine leidenschaftliche Opposition gegen Polizeigewalt und -korruption. Doch sie betonen, dass dies nicht lediglich das Spiegelbild einer schwachen Aufsicht oder der Anwesenheit einiger „fauler Äpfel“ in Polizeibehörden sei, sondern das Spiegelbild der strukturellen Positionen solcher Behörden als Garanten der Staatsmacht und dem Mangel an Verantwortung, geschaffen sowohl durch die Existenz von wesentlichen de facto Unterschieden zwischen den Vorschriften zur Nutzung von Zwang durch Polizisten oder durch andere als auch durch die Monopolstellung von Polizeibehörden.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken bleibende Bedenken zum Umweltschutz und zur Tierwohlfahrt. Doch sie betonen, dass Umweltschäden ohne staatliche Beteiligung verhindert und beseitigt werden können, solange stabiler rechtlicher Schutz von Körpern und gerecht angeeigneten Besitztümern vorhanden ist, dass Staatstätigkeit nicht erforderlich ist, um nichtmenschliche Lebewesen vor Missbrauch zu schützen und dass Staatstätigkeiten und Politik oft unmittelbar verantwortlich sind für den Schutz von Verschmutzern, Umweltschäden begünstigen und nichtmenschliche Lebewesen schädigen.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken das Bekenntnis zum Wohlergehen von Kindern. Doch Linkslibertäre unterstreichen die Bedeutung der Achtung der Rechte von Kindern, ihre eigenen Körper und Besitztümer zu kontrollieren – in Ablehnung sowohl des Bestrebens, Kinder als das Eigentum ihrer Eltern anzusehen, als auch paternalistischer Staatstätigkeiten, die sich unangemessen in die Freiheit des Kindes einmischen – und betonen den Grad, in dem der Staat nicht der Beschützer der Kinder ist, sondern vielmehr verantwortlich für die vielfältigen Weisen der maßgeblichen Bedrohungen ihrer Freiheit und ihres Wohlergehens ist, in besonderem Maße durch Zwangsunterricht.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken das Bewusstsein, dass Rassismus, Sexismus , Heterosexismus, Nativismus und nationaler Chauvinismus moralisch abscheulich sind. Doch sie betonen die entscheidende Rolle des Staates in der Schaffung, Wahrung und Ausnutzung dieser Formen der Unfairness während sie herausstreichen, dass die Entfernung der Stützen, die der Staat für von Vorurteilen getriebenes Verhalten bereitstellt, eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung von Diskriminierung spielen kann. Argwöhnisch beim Staat und respektvoll gegenüber gerechten Eigentumsansprüchen betonen sie nichtaggressive, solidarische Handlungen als das angemessene Mittel, um mit andauernder Diskriminierung umzugehen. Sie fördern gleichgeschlechtliche Ehen während sie die Trennung von Staat und der Institution der Ehe anstreben. Während sie sich anderen Linken beim Widerstand gegen Fremdenfeindlichkeit anschließen, betonen sie zusätzlich, dass alle Grenzen niedergerissen werden sollten, um ungehinderte Migration zu ermöglichen.
Linkslibertäre teilen mit anderen Linken die leidenschaftliche Opposition zu Kriegen und Imperien und eine Sorge um die Opfer von beiden, inklusive Eingeborener in der ganzen Welt. Doch sie betonen die Verbindungen zwischen Kriegsführung, Imperialismus und Kolonialismus und die staatlichen, andauernden Übergriffe auf zivile und ökonomische Freiheiten – nicht zu erwähnen den Schaden durch die herrschende Klasse. Beeinträchtigungen friedlicher Handlungen von Menschen innerhalb der Staatsgrenzen sind aus ähnlich vielen Gründen verwerflich wie Krieg jenseits der Staatsgrenzen. Als eine Form der Sklaverei ist Wehrpflicht unberechtigt. Die Handelsfreiheit reduziert tendenziell die Wahrscheinlichkeit eines Krieges. Und Kriegsführung ist eine wahrscheinliche Konsequenz der Tätigkeit des Staates, welcher vorhersehbar danach strebt, seinen Einfluss durch Zwang zu erweitern. Linke Opposition zu Kriegen sollte somit auch Opposition zum Staat per se zur Folge haben.
Eine libertäre Position
Eine libertäre Position ist gekennzeichnet durch, behaupte ich, die Unterstützung einer Gleichheit von Autoritäten, stabilen Schutzes von gerechten Eigentumsansprüchen und friedlicher, freiwilliger Kooperation, inklusive Kooperation im und durch Tausch. Linkslibertäre teilen diese Bekenntnisse. Doch Linkslibertäre unterscheiden sich womöglich von anderen Linken insofern, dass sie:
- andere Vorhersagen machen über die wahrscheinlichen Effekte der Befreiung der Menschen und der Eliminierung der institutionalisierten Aggression, die diese davon abhält, friedlich und freiwillig zu kooperieren (beispielsweise durch die Betonung der Zufälligkeit hierarchischer Arbeitsplätze),
- auf einzelne, generell akzeptierte Konsequenzen der Bildung einer freien Gesellschaft aufmerksam machen (etwa durch die Betonung nicht von Freiheit sondern auch von Solidarität, Vielfalt und Armenhilfe als eines der Folgen der Beseitigung staatlich geschützter Privilegien),
- andere historische und sozialwissenschaftliche Geschichten berichten über die Gründe und Dynamiken sozialer Phänomene (dass beispielsweise die vorhandene Verteilung des Wohlstandes als ein Produkt der Staatstätigkeit statt der individuellen Tugendhaftigkeit gesehen wird) und
- bestimmte Arten sozialer Phänomene (etwa willkürliche Diskriminierung) als moralisch verwerflich behandeln und für nichtaggressive aber abgestimmte Erwiderungen solcher Phänomene streiten.
Linkslibertäre teilen mit anderen Libertären das Bekenntnis zur Gleichheit der Autoritäten– zu der Ansicht, dass es kein natürliches Recht zu herrschen gibt und dass nicht auf beidseitigem Einverständnis beruhende Autorität vermutlich illegitim ist. Dieser Egalitarismus führt logischerweise zu einem Bekenntnis zum Anarchismus, da die Staatsautorität nicht auf beidseitigem Einverständnis beruht. Doch Linkslibertäre betonen, dass das Bekenntnis zur moralischen Beschaffenheit, die dem Glauben an die Gleichheit der Autoritäten zugrunde liegt, die Ablehnung von Unterordnung und dem Ausschluss aufgrund von Nationalität, Geschlecht, Rasse, sexueller Orientierung, Arbeitsplatzstatus und anderen irrelevanten Eigenschaften mit sich bringt. Während Linkslibertäre mit anderen Libertären übereinstimmen, dass die Entscheidungen von Menschen, Verbindungen mit anderen aufgrund solcher Eigenschaften zu vermeiden, nicht aggressiv beeinträchtigt werden sollten, betonen Linkslibertäre hingegen, dass solche Entscheidungen oft immer noch moralischer Kritik unterworfen werden können und durch nichtaggressive Mittel Widerstand geleistet werden sollte.
Linkslibertäre teilen mit anderen Libertären das Bekenntnis zum stabilen Schutz gerechter Eigentumsansprüche an physischen Objekten. Doch sie lehnen „geistiges Eigentum“ ab und betonen, dass Schutz von Eigentum nicht Objekte abdecken soll, die mit der maßgeblichen Hilfe des Staates angeeignet wurden oder welche offenkundig herrenlos sind. Sie machen deutlich, dass es gerechte Beschränkungen für die Möglichkeiten gibt, wie Menschen ihr Eigentum schützen dürfen (widerrechtliches Betreten von Land unterwirft jemanden nicht automatisch Gewalt). Sie bemerken, dass nur angesichts der ökonomischen Umstände einzelner Situationen und der Weise, wie bestimmte Ansprüche bestehen, ermittelt werden kann, ob Ansprüche an Land von Individuen oder Gruppen gehalten werden sollten. Sie betonen zudem, während gerechte Eigentumsansprüche respektiert werden sollten, dass es durchaus möglich ist, sich aggressiven Beeinträchtigungen der Nutzung der eigenen Besitztümer durch jemand anderen zu widersetzen, indem man diese Nutzung nichtaggressiv anfechtet.
Linkslibertäre teilen mit anderen Libertären das Bekenntnis zu einem Modell eines sozialen Lebens, das auf friedlicher, freiwilliger Kooperation begründet ist. Doch sie unterscheiden sich von anderen Libertären, indem sie betonen, dass, obwohl Zwang nur als Erwiderung gegen Aggression gerecht genutzt werden mag, friedliche, freiwillige Kooperation ein moralisches Ideal mit Implikationen ist, die über einfache Nichtaggression hinausgehen. Linkslibertäre mahnen an, dass Verbindungen aller Art derart strukturiert sein sollten, dass sie Freiheit, Würde und Individualität jedes Teilnehmers versichern, und somit allen Teilnehmern die Möglichkeit erlauben, nicht nur zu gehen, sondern auch ihre Stimme einzubringen – durch die Beeinflussung der Bahnen der Verbindung und der Ausübung so viel individueller Umsicht in ihnen wie möglich.
Während sie Kapitalismus ablehnen, teilen Linkslibertäre mit anderen Libertären eine enthusiastische Anerkennung der Werte von Märkten. Sie betonen, dass beide Seiten an einem freiwilligen Tausch teilnehmen, weil sie ihn vorziehen und sie glauben, dass er sie begünstigt, dass Preise exzellente Richtwerte für Produzenten und Händler darbieten (weit besser als alles, was ein zentraler Planer anbieten könnte) und dass Menschen sowohl die Kostens als auch die Gewinne ihrer Entscheidungen internalisieren sollten. Doch sie betonen, dass hintergründige Ungerechtigkeit Märkte verzerren (http://www.fee.org/the_freeman/detail/the-distorting-effects-of-transportation-subsidies#axzz2UxcQpNz5) und die Möglichkeiten von Händlern beschränken kann. Sie bemerken auch, dass kommerzieller Handel nicht den Bereich friedlicher, freiwilliger Kooperation ausschöpft und dass Menschen auf vielfältige Weise – spielerisch, solidarisch, mitfühlend – kooperieren können und sollten, und dass dies nicht in kommerziellen Bahnen organisiert sein muss.
Eine umgewandelte Vision
Linkslibertäre begrüßen und überführen linke und libertäre Ideale.
Viele Linke und Libertäre teilen bereits einige Bekenntnisse: Opposition zu Kriegen, Imperien und korporatistischen Privilegien, Unterstützung von Bürgerrechten und Graswurzelbewegungen. Nichtsdestotrotz begrüßen Linke und Libertäre auch verschiedene verfehlte Annahmen und teilen diese oft.
Linkslibertäre hinterfragen diese Annahmen während sie die Bekenntnisse begrüßen, die Linke und Libertäre teilen. Sie streben an zu beweisen, dass es vernünftig ist sowohl strukturelle Armut zu bekämpfen als auch befreite Märkte zu befürworten, sowohl Würde am Arbeitsplatz als auch stabilen Schutz für gerechte Eigentumsansprüche anzustreben, die Freiheit von Verbindungen zu begrüßen und zugleich willkürliche Diskriminierung zu bekämpfen, sowohl Frieden als auch ökonomische Freiheit zu fördern, die Ablehnung von Krieg und Imperialismus mit der Unterstützung von friedlichen, freiwilligen Kooperationen auf allen Ebenen zu verbinden.
Durch das Bekräftigen linker und libertärer Interessen und dem Hinterfragen von Annahmen, die es schwer für Linke machen, Libertarismus zu begrüßen, und für Libertäre, Linke zu werden, bieten Linkslibertäre eine provokative Vision einer ansprechenden Politik und einer Welt, die sich durch größere Freiheit und Fairness auszeichnet.
Der ursprüngliche Artikel wurde geschrieben von Gary Chartier und veröffentlicht am 05. November 2012.
Übersetzt aus dem Englischen von Achim Fischbach.